Hosen!

Als Fischotter trägt man ja selten Hosen. Aber wer den Wachtturm liest, dem fällt auf, dass dort Männern mehr oder weniger subtil vom Tragen enger Hosen abgeraten wird (z.B. in dieser Grafik aus dem Wachtturm vom Juni 2016, Seite 6-10). Ich konnte auch feststellen, dass der eine oder andere nicht verstanden hat, wo da ein Problem liegen könnte. Einige scheinen der Meinung zu sein, dass die Ursache für diese Meinung zur Hosenmode daher stammt, dass die Leitung der Zeugen Jehovas keine Ahnung von Mode hat.

Folgendes Zitat aus einem ’schwulen‘ Blog der Zeit fiel mir heute in die Hände und könnte helfen, das Problem zu erläutern:

Ich habe über Facebook meine Freunde um Vorschläge gebeten, welche Errungenschaften schwuler Kultur außerdem noch [von Heterosexuellen] kopiert wurden. Als Antworten kamen: Enge Hosen…

Der zitierte Blog beschäftigt sich nicht mit Zeugen Jehovas sondern mit den Belangen der ’schwulen Bewegung‘ bzw. Homosexueller im Allgemeinen. Wenn wir dieses Zitat ernst nehmen wollen, sieht es so aus, dass Homosexuelle sich selber für die Erfinder dieses Hosen-Modetrends halten und dieser Trend (bzw. das zugehörige Aussehen) eigentlich mit ihrer Bewegung assoziiert ist.

Es verwundert mich daher wenig, dass im Wachtturm von dieser Mode abgeraten wird. Es war bisher bei jeder Mode so, die mit einer Bewegung oder Gruppe assoziiert wird, welche Zeugen Jehovas als unchristlich ansehen. Das ist auch eigentlich normal: Wer eine bestimmte Weltanschauung hat und auf diese stolz ist, der will nicht mit einer anderen Gruppe verwechselt werden, die ziemlich genau eine entgegengesetzte Ansicht vertritt. Was mir der zitierte Zeit-Blog zeigte: Zeugen Jehovas haben ihre Meinung zur Hosenmode nicht einfach aus der Luft gegriffen, sondern haben sehr wohl verstanden, wo der betrachtete Modetrend herkommt und mit welcher Gruppierung er assoziiert wird.

Mir ist natürlich andererseits auch klar, dass eine derartige Abgrenzung von Homosexuellen in der deutschen Gesellschaft heutzutage nicht mehrheitsfähig ist und daher bestenfalls belächelt und schlimmstenfalls bekämpft wird. Daher ist es um so bemerkenswerter, dass Homosexuelle in dem oben angesprochenen Punkt einer Meinung sind.

6 Kommentare
  1. Ein schwieriges Thema mit den Hosen. Ich hatte einige Diskussionen mit Mitchristen zu diesem Bild im Wachtturm vom Juni 2016. Noch deutlicher bebildert wurde das Ganze im Wachtturm vom Januar 2017(S.24).

    Es gibt welche die sich daran stoßen – und soweit ich weiss ist dies das erste Mal wo ich bewusst mitbekomme, dass im Wachtturm eher auf den Kleidungsstil der männlichen Christen eingegangen wird als auf den Kleidungsstil von Christinnen.

    In beiden Fälle geht es nicht etwa um die Frage des persönlichen Geschmacks, sondern eher um die Frage wie es mit der persönlichen Bescheidenheit und Demut steht.

    Hier in Europa, wage ich zu behaupten sind enger anliegende Anzüge für Männer weniger das Problem. In Amerika beispielsweise ist es allerdings sehr wohl ein Problem, und das nicht nur bei Zeugen Jehovas.
    Ich arbeite für eine Firma die Ihren Hauptsitz in Amerika hat, und wir haben ständig transatlantische Kollegen zu Besuch, darunter auch jüngere Leute. Nicht ein Mal habe ich irgendjemanden aus Amerika mit solch einem engen Anzug bei uns gesehen.
    Dort ist es tatsächlich so, dass dieser Stil für heterosexuelle Herren zwar durchaus als hipp gelten mag, aber keineswegs als seriös. Der Stil ist tatsächlich eher bei homosexuellen Herren zu finden, und sollte der Mann nicht homosexuell sein, schmückt er sich mit dem Titel: metrosexuell. Seit David Beckham eine Modeerscheinung.
    Jemand der solch einer Modeerscheinung nacheifert, kann nicht gleichzeitig für Bescheidenheit stehen.

    Gegner machen aus der Hose, den Socken, dem Haarschnitt ein Problem – aber das ist nicht das vom Wachtturm angeführte Problem – das Problem ist die innere Einstellung. Ganz klar geht es hier um christliches Feintuning.
    Wenn ich mir die Bilder anschaue, und mich darüber aufrege wie der Wachtturm es wagen kann mir vorzuschreiben wie ich mich anzuziehen habe, dann sollte mir das ernsthaft zu denken geben… denn dann ist es nicht weit her mit meiner Demut und Bescheidenheit.

  2. Netbat sagte:

    Zu dem Thema auch von mir noch ein paar Gedanken.

    Wenn ich die in einem Blog aus dritter Hand getätigten Äußerungen mir vollkommen unbekannter Menschen als Hinweis auf das Richtig oder Falsch meiner Entscheidungen heranziehe, bin ich auf keinem guten Weg. Als Zeugen Jehovas sind wir darin trainiert, unsere Entscheidungen auf biblische Prinzipien zu stützen.

    Aber um des Arguments willen, akzeptiere ich also die Aussage, dass „enge Hosen“ eine Errungenschaft „schwuler Kultur“ (keine Ahnung, was das sein soll, aber sei’s drum) seien und uns daher das Ablehnen derselben leichter fällt (wenn die Schwulen das selbst schon so sehen, ist dein Schluss ja „bemerkenswert“) – juppidu. Jetzt war ich aber so verwegen und habe auf den verlinkten Blog geklickt und dann nach den „engen Hosen“ eine weitere von der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft adaptierte kulturelle Errungenschaft der schwulen Community gefunden: „Mann am Herd“. Wenn ich das eine ablehne (mit Verweis auf den Ursprung), dann muss ich das andere auch ablehnen. Biblisch gesehen bin ich hierbei auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Schließlich hat ja Abraham auch Sarah an den Herd geschickt und sich nicht selbst in der Küche versucht. Und auch von Jesus wird zwar berichtet, dass er gerne bei Festmählern anwesend war, aber wir lesen nirgends, dass er sich selbst an den Herd gestellt hat.

    Jedoch kommen mir jede Menge Grafiken aus unseren Publikationen in den Sinn, in denen der Mann zusammen mit seiner Frau beim Kochen am Herd gezeigt wird – ein Trend, der nach Eigenaussage mit der Bewegung der Schwulen assoziiert ist. Eine bedenkliche Entwicklung!

    Bei Berichten über die Welt der Modemacher und Designer drängt sich einem der Eindruck auf, dass diese Tätigkeit überdurchschnittlich viele Schwule anzieht. Von daher mögen tatsächlich Schwule am Design solcher engen Hosen beteiligt gewesen sein. Allerdings kann man dann auch davon ausgehen, dass die in den USA beliebte „over-sized“-Mode auch aus schwuler Feder stammt – für meinen Geschmack ebenso ein Fall für die Modepolizei. Selbst die seriöse Business-Mode wird von den gleichen Designern gemacht.

    Hilfreich wäre hingegen ein allgemeiner Ratgeber zu Modefragen – nicht unter dem Gesichtspunkt „wer hat’s gemacht?“, sondern „wie seh‘ ich darin aus?“. Spiegel scheinen in der heutigen Zeit leider einfach nicht mehr zu existieren, ansonsten würde man nicht tagtäglich mit schrecklichen Anblicken gequält. Die Herren der Schöpfung haben das gleiche Problem, wie die Damen: Menschen, die ein bestimmtes Kleidungsstück auf Grund ihrer Figur besser nicht tragen sollten, tun es. Leider fragt heute keiner mehr danach, in welchem Kleidungsstück man vorteilhaft aussieht und welches ungünstige Körperproportionen noch betont. DAS sollten Eltern ihren Kindern beibringen. Das eigentliche Problem bei der kritiklosen Übernahme von Mode sehe ich darin, dass es nur darauf ankommt, Designerstücke zu tragen und uniform durch die Welt zu laufen, ohne einen eigenen Stil zu haben, der einen optisch günstig präsentiert.

    Eine Bemerkung sei mir noch erlaubt: Ein Grund, warum im sittenstrengen Amerika enge Hosen als unseriös gelten mögen, hat schlicht und einfach etwas damit zu tun, dass die dortige Gesellschaft durch die immer noch sehr verehrten Pilgerväter (bei Thanksgiving wird Jahr für Jahr ihrer gedacht!) bis heute sehr puritanisch geprägt ist. Insoweit stimme ich der Aussage, „dass die Leitung der Zeugen Jehovas keine Ahnung von Mode hat“, nicht zu. Es liegt einfach nur an der Sozialisation.

    Aber wie ich aktuell beobachte, sind „enge Hosen“ ohnehin out, es wird mit Stoff wieder verschwenderischer umgegangen, sogar Hosen mit grässlichen Bundfalten wurden schon wieder gesichtet. Man kann sich also auf breiter Front wieder entspannen.

    • hgp3 sagte:

      Ich gebe zu, dass ich Modefragen (auch in Bezug auf Männermode) keine Ahnung habe; ich kann also nichts dazu sagen, was gerade modisch ist.

      Was das Kochen angeht, hast du nur teilweise recht. Zwar konnte ich auf die schnelle keine Stelle finden, wo Abraham kocht, aber sein Enkel wird in der Bibel beim Kochen von Eintopf ertappt (1.Mose 25,29). Auch andere Männer standen sehr wohl am Herd (2.Könige 4,39). Und als vollkommener Mann hat Jesus natürlich gegrillt (Johannes 21,9-13;o). Aus eigener Erfahrung kann ich außerdem sagen, dass mein Vater auch schon am Herd stand, als er mit Sicherheit noch unbeeinflusst von irgendwelchem schwulen Gedankengut war. Und bloß weil ich einem Blog Kompetenz in Fragen schwuler Mode zutraue, heißt das noch lange nicht, dass ich ihn auch als kompetent in Fragen betrachten muss, wo ich weiß, dass er unrecht hat.

      Wie du so schön beschreibst sind Ratschläge im Wachtturm manchmal etwas „amerikalastig“, was in der Natur der Sache liegt (Obwohl G. Lösch und G. Jackson mehr in Österreich bzw. Australien sozialisiert wurden). Deswegen versuche ich auch immer, derartige Ratschläge in ein mitteleuropäisches Koordinatensystem „umzurechnen“.

      Da ich keinerlei (bewusste) Berührungspunkte mit der schwulen Szene habe, konnte ich bis zu diesem Zeitpunkt selber keinen Beleg dafür finden, dass enge Hosen irgendetwas mit schwuler Mode zu tun haben, wie im Wachtturm behauptet, was bei entsprechenden Nachfragen etwas nervig war. Ob es für Christen richtig ist, sich im Aussehen von Gruppen mit unchristlicher Grundausrichtung abzugrenzen, und inwieweit das für den besprochenen Modetrend gilt, geht weit über den Rahmen meines Blogposts hinaus. Obwohl, das wäre auch mal ein interessantes Thema für ein andermal…

      • Netbat sagte:

        Haha! Aber von Jakob wissen wir ja, dass er schon ein rechter Softie war, der sich im Zelt bei den Frauen wohler fühlte, als in der Männerwelt, selbst seine körperliche Erscheinung musste mit Ziegenfell auf männlich getrimmt werden. Er war also eigentlich genau das, was im Griechischen mit „μαλακός malakos“ (Strong: Of uncertain affinity; soft, that is, fine (clothing)) bezeichnet wird, was wiederum heutzutage mit Homosexualität in Verbindung gebracht wird (wie man da von A zu B gekommen ist, wurde bisher sprachwissenschaftlich nicht erklärt).

        Beim Zitat 2. Könige muss etwas schief gelaufen sein. Dazu kann ich nichts sagen.

        Dass Jesus gegrillt hat, kann ich dem Text nicht entnehmen. Er hat nur verteilt. 🙂 Wer das zubereitet hat, wird leider nicht mitgeteilt.

        Aber genau das wollte ich eigentlich vermitteln: Ich bezweifle ganz einfach die Aussagen, was uns da alles als schwules Kulturgut verkauft werden soll – nicht nur der Herd, sondern auch die Mode. Es gibt interessante Untersuchungen, die zeigen, dass die Mode mit der wirtschaftlichen Situation korreliert. ( http://www.spiegel.de/wirtschaft/skurrile-konjunkturindikatoren-lange-haare-kurze-roeckchen-so-sieht-der-aufschwung-aus-a-538694.html – nur mal als Beispiel) Das ist etwas, was viel näher liegt.

        Auch auf die Gefahr hin, hier nicht „pc“ zu sein, aber ich glaube, dass die schwule Community einerseits zwar etwas an Selbstüberschätzung leidet, andererseits – wenn es dienlich ist – von bestimmten Gruppen als Schreckgespenst benutzt wird. Da muss man ja nicht unbedingt mitspielen.

        Wenn ich mich aber als Christ im Aussehen von Gruppen mit nichtchristlicher Grundausrichtung distanzieren möchte, dann stehen nach meinem Empfinden zuallererst dunkelblaue und dunkelgraue Anzüge, weiße und hellblaue Hemden mit Krawatten zur Diskussion. Das ist der Look der Führungselite dieses Systems – von dem wir uns doch eigentlich distanzieren sollten … 😉

        • hgp3 sagte:

          Ich habe die Stelle in 2.Könige korrigiert.

  3. Netbat sagte:

    Super Text! Da sieht man, was dabei heraus kommt, wenn Männer am Herd stehen … 😀

    V. 40: „Später schütteten sie es für die Männer zum Essen aus. Und es geschah, sobald sie von dem Gericht aßen, daß sie ihrerseits schrien und zu sagen begannen: „Der Tod ist im Topf, o Mann des [wahren] Gottes.“

    Sorry, ich bin halt so ein Kontextfanatiker …

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